Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Liebe Teilnehmende an dieser Ringvorlesung, sexuelle Selbstbestimmung und geschlechtliche
Vielfalt. Ich heiße Sie alle sehr herzlich willkommen heute unter dem Titel gesegnete
Vielfalt, theologisch-ethische Perspektiven zu sexueller Orientierung und Identität. Ja,
heute geht es um die Wurst und nicht nur deshalb, weil Conchita den European Song Contest gewonnen
hat, sollen wir angesichts dieses Medienereignisses uns noch in die finessen theologischen Begründungsketten
verirren oder hat sich da nicht alles von selbst erledigt. Ich glaube es geht doch auch heute noch
um die Wurst, auch theologisch um die Wurst, ums Eingemachte. Ich knüpfe an zwei Stellen
früherer Vorlesungen an. In der Comic Reportage über LSBTI von Martina Schradie war von Paul
die Rede. Paul, dem 38-jährigen, der sagt, dass ich schwul bin, ist keine Sünde. Da wurde
als Hintergrund eine Freikirche benannt und sein emanzipatorischer Weg führte zum Austritt aus
dieser Kirche. Ein anderes Beispiel hatte Frau Schradie angezeichnet, nämlich Berta, die bei der
katholischen Kirche arbeitet, sich aber nicht traut und auch nicht trauen kann, sich zu outen,
weil sie sonst ihren Arbeitsplatz gefährdet. Vielleicht erinnern Sie sich an diese Stelle.
Und zuletzt hatten wir bei der Darstellung der historisch-rechtlichen Entwicklung in
Deutschland zum § 175 gehört, auch durch Beiträge aus dem Publikum, dass diese ganze
Entwicklung eigentlich nicht zu verstehen ist, wenn man nicht als Background die naturrechtlich
orientierte katholische Moraltheologie bedenkt. Da läge nun bei unserem heutigen Thema vielleicht
zunächst ein problemorientierter Zugang nahe. Man könnte die lange Geschichte der Verurteilung
und Verfolgung von Homosexuellen durch verschiedene Kirchen benennen, die Verfolgung und auch die
Ignorierung von Transsexuellen. Man könnte die ungute Rolle der orthodoxen Kirchen bei der
Förderung von Homophobie benennen, etwa gerade in Russland oder Moldawien, wo von Heiner Bielefeld
zu berichten weiß, der gerade schon wieder dorthin gereist ist. Man könnte anknüpfen mit
der Beschreibung der aufhetzenden Wirkung von evangelikalen Gruppen in Zentralafrika oder die
absurd religiös unterfütterte Szene der Homoheiler in Deutschland. Haben Sie letzte Woche die Panorama
Reporter Sendung gesehen? Siebter, Fünfter, Sie können es auf Podcast noch nachsehen, wo sich der
Vorsitzende der katholischen Ärzteschaft unsterblich blamiert hat. Oder die unsägliche Debatte um den
Bildungsplan in Baden-Württemberg, wo es Wochen gedauert hat, bis sich die evangelische Landeskirche
zu einer Stellungnahme durchringen konnte, weil sie ja nur ja nicht den evangelikalen Rand verprälen
wollte. Wir versuchen aber heute mal einen anderen, vielleicht noch provozierenden Zugang. Wir setzen
ein bei positiven Erfahrungen und Möglichkeiten, zum Beispiel bei der Möglichkeit als Pfarrerspaar
gleichgeschlechtlich in einem Fachhaus in Bayern zusammen zu wohnen oder als Transmann ein Fikaillat
in Hannover ableisten zu können. Dem entspricht eine positive theologische Würdigung der sexuellen
Vielfalt und Identitäten und Orientierungen, wie sie nicht nur von den sogenannten Betroffenen
vertreten wird, sondern eben auch von führenden theologischen Ethikern unserer Generation. Und
einen solchen haben wir heute unter uns. Es ist eine besondere Ehre und eine Freude, Peter Dabrock
hier zu begrüßen. Ich sage gleich noch ein bisschen mehr zu ihm. Er hat direkt Anteil an
den Diskussionen um sexuelle Orientierungen in der evangelischen Kirche. Er ist Professor im
Fachbereich Theologie und dort für systematische Theologie und Ethik zuständig, war als Assistent
in Bochum gewesen, dann als Juniorprofessor für Bioethik, einer seiner Schwerpunkte in Marburg,
dort dann auch Professor für Sozialethik. Er ist Mitglied ganz wichtiger Ethikkommissionen,
war es oder ist es noch immer, zum Beispiel der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer
oder eben der EKD-ATROC-Kommission zu fragen, der Sexualethik. Da sollte eine Sexualethikschrift
entstehen, die jetzt gecancelt oder aufgeschoben wurde und dazu wird er uns sozusagen aus der
Werkstatt erzählen können, denn er war der Vorsitzende dieser Kommission. Ganz wichtiges
Mitglied und inzwischen stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrates und
Mitherausgeber unserer führenden evangelischen ethischen Zeitschrift, Zeitschrift für evangelische
Ethik und Mitglied in der Kammer für öffentliche Verantwortung der EKD. Also der Fachmann,
einer der führenden evangelisch-theologischen Ethiker heute bei uns und er wird uns so ungefähr
20 Minuten jetzt einführen in einige Perspektiven zur gesegneten Vielfalt, zur theologischen Würdigung
Presenters
Prof. Dr. Peter Bubmann
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:24:38 Min
Aufnahmedatum
2014-05-14
Hochgeladen am
2014-05-30 14:28:31
Sprache
de-DE
Sexuelle Vielfalt kann theologisch-ethisch begrüßt und positiv gewürdigt werden. Prof. Dr. Peter Dabrock entfaltet dazu Kriterien und Perspektiven. Im Gespräch mit Prof. Dr. Peter Bubmann werden die im Christentum immer noch verbreiteten Vorbehalte gegenüber nicht-heterosexuellen Lebensformen thematisiert und diese kritisch diskutiert. Gleichzeitig wird der Lernweg evangelischer Kirchen bis hin zur Anerkennung der eingetragenen Lebenspartnerschaft (auch für AmtsträgerInnen) und zum Angebot dafür vorgesehener Segenshandlungen beschrieben.